Die Coolklasse sollte es sein - also Erste. Stattdessen wurde es die Kuhklasse - also Letzte. General Compartment heißt diese Art zu reisen. Komfortabel ist das nicht, aber praktisch, wenn man beispielsweise seinen Zug verpasst und so, quasi Fahrschein los ist. Welcher Schaffner will schon seines Amtes walten, in einem Zug der bepackter ist, als polnische Minifiats an Sperrmülltagen.
Früher, erzählen Eltern immer, ja früher, da gab es einst Züge, ohne Polster und all dem. Auf blanken Holzpritschen sass man da. Früher!
Heute ist das in Indien immer noch so. Man sitzt aber nicht man liegt, immerhin wird der Zug für die vor uns liegenden 700 km 16 Stunden brauchen. Früher war das schnell. Heute ist das anstrengend! Und liegend ist diese Zeit einfacher zu ertragen als sitzend. Also schlummert man so auf den Sitzen, später auf der Gepäckablage.
An die tausend Finger die einen dabei, so hofft man, eher zufällig begrabbeln, gewöhnt man sich schnell. Man döst einfach weiter. Bis sich der Zug füllt, und es eigentlcih keinen Platz mehr gibt – nicht zum Sitzen, geschweige denn zum Liegen. Selbst Stehen wird eng, denkt jedenfalls der Deutsche. Und wird eines besseren belehrt!
Jäh schreckt er aus seinem Schlaf, als sich etwas bedenklich Warmes an ihn schmiegt. Er kennt diese Wärme - menschliche Wärme. Fein! Er kennt diesen Geruch. Männerschweiß! Weniger fein. Diesen Mann an seiner Seite kennt er nicht, und er will es auch gar nicht. Er will seine Halbmeter breite Pritsche für sich. Ganz allein! Er ist egoistisch, er weiß es.
Er blickt sich um und ist ruhig, ganz still, denn wie es immer so ist: Es könnte viel viel schlimmer sein. Zum Beispiel könnten sich, wie auf der Liege neben ihm drei Menschen, die noch immer Halbmeter breite Pritsche teilen. Oder der Schweißgeruch könnte sich mit dem unverwechselbaren Geruch von Urin vermischen.
So fährt man dann durch die Nacht,
akzeptiert, und kämpft mit einer bis dahin nicht existenten Klaustrophobie und lässt den Blick schweifen. Man wundert sich nicht mehr. Über rein gar nichts. Auch nicht darüber das man Mäuse und Kakerlaken um Essenreste buhlen sieht.
bob.mueller - 31. Okt, 10:32